27. Eschatologie, eine Grundlage für Manipulation?

In der muslimischen eschatologischen Literatur gehört die grosse Mehrzahl der Texte zu den Hadithen. Einer von ihnen erklärt, dass Muhammad (~) den falschen Messias an die Spitze der zu bekämpfenden Mächte des Bösen stellt: "Von Adam bis zur Auferstehung der Toten gibt es kein grösseres Problem als das des Scharlatans (des Hochstaplers, des Antichrist)" [1].

Heute breitet sich unter den muslimischen Völkern ein eschatologisches Fieber aus.

Für die Schiiten wird der befreiende Führer am Ende der Zeit der zwölfte Imâm sein, auch al-Mahdî genannt, der im Jahr 940 verschwand, aber den Gläubigen auf geheimnisvolle Weise gegenwärtig ist. Mit dem "Grossen Satan" Amerika wird eindeutig ein Feind bezeichnet, der mit dem Antichristen gleichgesetzt wird. Für manche soll Khomeini selbst der erwartete Mahdi gewesen sein. Präsident Ahmedinejad ist noch näher an unserer Gegenwart, und er deutet an, dass die Ankunft des Mahdi sehr nahe ist.

Unter islamistischen Kämpfern im sunnitischen Milieu ist das eschatologische Fieber wahrscheinlich noch intensiver. Der Palästinenser Safar ibn 'Abd al-Rahmân deutet in seinem Buch Der Tag des Zorns die jüngsten Ereignisse (die zweite Intifada) nach dem Muster der koranischen Eschatologie neu. Die schwarze Flagge des Islamischen Staates verweist auf eschatologische Lehren: Der Prophet (~) sagte: „Wenn ihr schwarze Standarten aus Khorasan kommen seht, dann geht ihnen entgegen: unter ihnen wird der Kalif von Allâh sein: al-Mahdî“. [2]

Man sagt, die sunnitische Tradition unterscheidet zwischen grossen und kleine Zeichen:

‒ Grosse Zeichen: „Rauch, der Antichrist, das Tier, der Sonnenaufgang im Westen, die Rückkehr von 'Isâ ibn Maryam, der Ansturm von Gog und Magog, drei Erdbeben, ein Feuer aus dem Jemen, das die Menschen zwingen wird, sich an einem Ort zu versammeln“.

‒ Kleinen Zeichen: das erste ist das Verschwinden von Muḥammad ibn 'Adb Allâh, dem Propheten (~), und das letzte das Kommen seines Nachfolgers, Muḥammad ibn 'Adb Allâh, des Mahdî. Die anderen kleinen Zeichen sind das amoralische Verhalten des Menschen: Korruption, Ehebruch, Pornographie, Gewalt, technische Leistungen, Ausbreitung von Konflikten [3].

Interessanterweise verwechselt der Islam die Rückkehr von ‘Issa Al-Massih nicht mit dem Ende der Zeit und vermischt ‘Issa Al-Massih, Antichrist und Mahdî nicht: diese sind alle nur Vorboten. Aber wofür genau sind sie die Vorboten? Für ein Kalifat, das nur 7 bis 9 Jahre dauert?

Dem Christentum zufolge können wir dem Antichristen (dem falschen Messias) widerstehen. Wir können das Reich Gottes vorbereiten. Aber die Vorstellung, man könnte das Weltgericht selbt ausführen, ist das Ergebnis von Manipulationen. Wissen wir eigentlich genug darüber, dass die Muslimbruderschaft vor fast einem Jahrhundert vom britischen Geheimdienst MI5 aufgebaut wurde und dass die Taliban in Afghanistan von der CIA, dem US-Geheimdienst, gegründet wurden? Und wir könnten auch auf die jüngste Finanzierung des Islamischen Staates verweisen...

Dem Evangelium zufolge ist die Wiederkunft Jesu (‘Issa) kein regionales Ereignis, das einen nur kurzzeitigen politischen Wandel herbeiführt. Es ist ein universelles Ereignis, das die Frage des Bösen in der Welt durch das Gericht über den Antichrist (Ad-Dajjâl) beantwortet. Es ist ein Ereignis von unermesslicher Bedeutung, denn es wird die Verwirklichung des Zieles herbeiführen, für das die Welt geschaffen wurde, und es wird dem Menschen den Rang und den Adel zurückgeben wird, den der Schöpfer für ihn vorgesehen hat.

 

[1] Nr. 1812 in der Sammlung von Sheikh Sobhi Saleh „Manhal al Waridin“.
[2] Mohamed BENCHILI, la venue du Mahdî selon la tradition musulmane, éditions Tawhid, 2009, S. 44
[3] Mohamed BENCHILI, ebd., S. 56