33. Der Mahdî

Das Wort Mahdi bedeutet „der Geleitete“, d.h. „der Wohlgeleitete“. Viele Propheten und rechtschaffene Menschen können als "wohlgeleitet" bezeichnet werden. Da der Mahdi am Ende der Zeit steht, wird ihm ein weiterer Beiname verliehen: "der Erwartete".

Ein von Ibn Mâya überlieferter Hadith besagt, dass der Prophet (~) sagte: „Es gibt keinen Mahdî ausser ‘Issa ibn Maryam“. Für Muslime ist ‘Issa (Jesus) in der Tat nicht gestorben, sondern zu Gott hinaufgehoben worden (Sure 4:157-158). Er wird am Ende der Zeit zurückkehren, aber das Wissen um die Stunde ist göttliches Vorrecht (Sure Al-A'raf 7:187).

Dieser Hadith wird jedoch von anderen widerlegt, und für den muslimischen Glauben ist der Mahdi nicht ‘Issa (Jesus). Im 14. Jahrhundert überlieferte der berühmte syrische Rechtsgelehrte Ibn Taymiyya, dass der Prophet (~) sagte: „Sein Name wird derselbe sein wie meiner, und der Name seines Vaters derselbe wie meiner, d.h. Muḥammad ibn 'Abd Allâh, und nicht 'Îsâ ibn Maryam [‘Issa (Jesus) Sohn von Maryam]“.

Manche Muslime glauben nicht an das Kommen des Mahdî, weil es weder im Koran noch im Originalteil der Hadith-Sammlungen von Al-Bukhârî und Muslim erwähnt wird.

Andere muslimische Historiker leugnen zwar nicht das Kommen des Mahdi, stehen aber den meisten Texten, die sich darauf beziehen, sehr skeptisch gegenüber: Der berühmte Historiker Ibn Khaldun schreibt: „Wisse, dass die Muslime seit jeher davon überzeugt sind, dass am Ende der Zeit ein Mann aus der Familie des Propheten kommen muss, um die Religion wiederaufzurichten, die Gerechtigkeit wiederherzustellen, die Muslime zu leiten und die islamischen Nationen zu regieren; sein Name wird al-Mahdi sein. Das Erscheinen des Antichrist (ad-Dajjâl) und alle Ereignisse, die mit seinem Kommen zusammenhängen, werden aufeinander folgen; dann wird Isa herabkommen und den Antichrist töten, und der Mahdî wird ihm helfen, ihn zu vernichten. Es wird auch gesagt, dass der Mahdî das Gebet von Îsâ leiten wird.[...] Von all den Erzählungen, von denen Imâme berichten, und die die Besonderheiten des Mahdî beschreiben und sein Kommen am Ende der Zeit vorhersagen, würden nur sehr wenige einer kritischen Prüfung standhalten, das wäre sogar sehr selten.“ (Al-Muqaddima, S. 330-331 und 342).

Im Laufe der Jahrhunderte wurden einige Personen als Mahdî angesehen, zum Beispiel der Sufi As-Sanûsî (1844-1902). Er kämpfte in Libyen gegen die Franzosen und Italiener, und seine Bewunderer behaupten, er sei nicht tot, sondern lebe im Verborgenen und sei der erwartete Mahdî. Ein weiteres Beispiel: Ibn Surayj widersetzte sich dem Gouverneur von Chorasan im Jahr 734 mit den Worten: „Die schwarzen Standarten gehören mir". Er hatte einen Gefährten, al-Karmânî, aber beide wandten sich schliesslich gegeneinander. Die Truppen des falschen Mahdi wurden besiegt. Er wurde im Jahr 746 getötet. Ibn Tûmart wiederum, der um 1078 geboren wurde und von Berbern abstammte, bastelte sich seine eigene Genealogie zusammen, rief zum Dschihad gegen die Almoraviden auf und starb 1130. Kein muslimischer Historiker hat je den Versuch gewagt, die Hochstapler und Erleuchteten zu zählen, die versucht haben, sich als Mahdî des Islam auszugeben, aber alle sind sich einig, dass ihre Zahl beträchtlich war“ [1].

Da der Islam nicht an die Göttlichkeit Christi glaubt und sein glorreiches Kommen mit einem materiellen, regionalen Ereignis verwechselt, ist der Islam strukturell anfällig für die Verführung durch einen falschen Mahdi (wenn es einen wahren Mahdi überhaupt geben könnte!). Ein Christ wird sicher niemals einen Mahdi, der einen materiellen irdischen Körper hat und einen regionalen Kampf führt, mit Christus verwechseln, der in Herrlichkeit wiederkommen wird, mit einem glorreichen Körper, der mit dem des auferstandenen Christus vergleichbar ist; dieser Christus manifestiert sich in der ganzen Welt.

 


[1] Mohamed BENCHILI, La venue du Mahdî selon la tradition musulmane, éditions Tawhid, 2009, S. 20-34